Prozess und Richtlinienerstellung

Maßnahme am Freiheitsplatz 12/12a in Hanau (Fotos: ProjektStadt)

Den Weg zum kommunalen Anreizprogramm möchten wir Ihnen gerne in den folgenden acht Schritten erklären. Die Integration der Einzelmaßnahme des Anreizprogramms im ISEK ist die Voraussetzung für eine potenzielle Bewilligung und den folgenden Erstellungsprozess. Dabei ist es selbstverständlich sinnvoll, bereits bei der Erstellung des ISEKs auf einige Elemente der im folgenden dargestellten Schritte (zum Beispiel Schwerpunktsetzung, Geltungsbereich, Finanzvolumen) einzugehen.


Seit dem Jahr 2022 wird die Anreizförderung in Hessen von Seiten des HMWVW neu aufgestellt. Die neuen Regelungen sind in den folgenden Ausführungen berücksichtigt.

 

1. Beantragung im Jahresantrag

Möchte eine Kommune oder eine interkommunale Kooperation eine Anreizförderung für ihre Bevölkerung anbieten, muss diese Gegenstand des jährlichen Förderantrages sein. Das Anreizprogramm ist dort in einem Projektblatt zu beschreiben. Wichtige Fragestellungen sind folgende:

 

  • Wie ist die Ausgangssituation?
  • Welchen Herausforderungen soll mit der Maßnahme begegnet werden?
  • Welche Schwerpunkte soll das Anreizprogramm setzen?
  • Welche städtebaulichen Ziele werden verfolgt?
  • Wie soll das Programm umgesetzt werden?
  • Welche Wirkung ist zu erwarten?

 

2. Festlegung eines Geltungsbereiches

Die Festlegung eines Geltungsbereiches sollte anhand der kommunalen Gegebenheiten getroffen werden. Hier gilt es zu überlegen, inwiefern eine Betrachtung des gesamten Förderge-bietes oder die Auswahl eines kleineren Geltungsbereiches innerhalb des Fördergebietes sinnvoll erscheint. Zur Beurteilung des Status-Quos kann das ISEK herangezogen werden. Sind weite Teile des Fördergebietes von mangelnder Bausubstanz geprägt, so ist möglicherweise eine Ausweisung des gesamten Fördergebietes erforderlich. Sind lediglich vereinzelte Straßenzüge betroffen, ist die Auswahl eines kleineren Geltungsbereiches ausreichend. Hier sind individuelle Überlegungen der Kommunen, gegebenenfalls auch in Abstimmung mit dem För-dergebietsmanagement, notwendig. Die Praxis zeigt allerdings, dass sich die Mehrheit der hessischen Programmkommunen für eine Ausweisung des gesamten Fördergebietes entschieden hat.

 

3. Herranziehen anderer Richtlinien

Gibt es in Ihrer Kommune bereits ein kommunales Anreizprogramm oder haben Sie in vergleichbaren Projekten Erfahrungen gesammelt?

 

Tauschen Sie sich auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen aus. Sind Ihre Erfahrungen im Bereich der Richtlinienerstellung begrenzt, scheuen Sie nicht, sich von bereits etablierten Richtlinien anderer Kommunen inspirieren zu lassen. Die Richtlinien sollten Sie meist problemlos auf den Webseiten der jeweiligen Kommunen finden – alternativ finden Sie die Kontaktdaten einiger Befragten am Ende des vorliegenden Textes.

 

4. Festlegung eines Schwerpunktes

Welche Maßnahmen sollen Gegenstand der Anreizförderung sein? In welchem Bereich gibt es konkreten Handlungsbedarf? Die Auswahl der Fördergegenstände hängt von den örtlichen Gegebenheiten in Ihrer Kommune ab und sollte daher problemspezifisch ausgestaltet werden.


Im Rahmen der Anreizförderung können zwei inhaltliche Schwerpunkte als förderfähige Maßnahmen anerkannt werden: a) Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden nach Nr. 9.9.4 Abs. 1 i.V.m. Nr. 9.9.4 Abs. 2 RiLiSE und b) Maßnahmen zur Verbesserung und Gestaltung von Freiflächen unabhängig von der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden nach Nr. 9.7 RiLiSE. Vorrangig gefördert werden von außen sichtbare Gebäudeteile. Dabei stehen Gebäude mit Wirkung auf das Stadtbild im Fokus. Voraussetzung bei der Gestaltung von Freiflächen ist, dass die Maßnahmen dem öffentlichen Interesse dienen.

 

5. Erstellung einer lokalen Richtlinie

Nachdem Sie sich über den Geltungsbereich und die Schwerpunkte des Anreizprogramms im Klaren sind, können Sie mit der Erstellung einer lokalen Richtlinie beginnen. Eine verbindliche Regelungsgrundlage (z.B. Richtlinie, Satzung o.ä.), welche die wesentlichen Förderbedingungen beinhaltet, ist die Grundlage für die Gewährung einer Anreizförderung. Grundsätzlich wird EINE Richtlinie je Kommune erarbeitet. Auch im ISEK ist ein Anreizprogramm grundsätzlich als EINE Maßnahme darzustellen und im Förderantrag als EINE Maßnahme zu beantragen.


In der lokalen Richtlinie legen Sie fest, welche Maßnahmen im Rahmen des Anreizprogramms förderfähig sind und für welchen Geltungsbereich die Förderung gilt. Die förderfähigen Maßnahmen werden durch die Richtlinie des Landes Hessens zur Förderung der Nachhaltigen Stadtentwicklung (RiLiSE) beschränkt. Eine Abweichung von den dort getroffenen Regelungen ist nicht möglich. Bei der Erstellung der lokalen Richtlinie können Sie sich an der jeweils geltenden Arbeitshilfe zur Anreizförderung im Rahmen der Städtebauförderung in Hessen orientieren. Diese gibt einen Überblick über alle notwendigen Punkte, die in der Richtlinie genannt werden müssen. Hierzu gehören u.a. die Ziele und Grundsätze der Förderung, der räumliche Geltungsbereich, die Fördergegenstände, die Höhe der Förderung und so weiter.

 

Die aktuelle Arbeitshilfe finden Sie hier.

 

 

Im Folgenden werden einzelne dieser Punkte erläutert.


Wer kann gefördert werden?

Die Kommune legt in ihrer lokalen Richtlinie fest, wer gefördert werden kann. Zuwendungsberechtigt sind grundsätzlich private Grund- und/oder Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer, Erbbauberechtigte mit einem Erbbauvertrag ab mindestens 66 Jahren oder Inhaberinnen und Inhaber eines dinglich gesicherten Nutzungsrechtes.

 

 

Was kann gefördert werden?

Es können lediglich Maßnahmen gefördert werden, die im Sinne der RiLiSE (insbesondere Nr. 9) und der Zuwendungsbescheide förderfähig sind. Beispiele für solche Fördergegenstände können sein:

 

  • die Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden, vorrangig die außen sichtbaren Gebäudeteile wie Fassade, Dach, Eingangsbereiche,
  • die Modernisierung und Instandsetzung von Ladenlokalen, vorrangig die außen sichtbaren Gebäudeteile wie Schaufenster Eingangsbereiche, Infoschilder und Anlagen der Außenwerbung,
  • die Verbesserung und Gestaltung von Freiflächen, die dem öffentlichen Interesse dienen.
     

Es können nur Maßnahmen gefördert werden, die noch nicht begonnen wurden.


Andere Fachprogramme haben grundsätzlich Vorrang vor der Städtebauförderung. Ausgenommen hiervon sind seit der Neureglung ab 2022 die Förderangebote der KfW.

 

 

Wo kann gefördert werden?

Gefördert werden können nur Projekte und Maßnahmen, die innerhalb des räumlich festgelegten Geltungsbereichs des Anreizprogramms liegen. Der Geltungsbereich sollte im Anhang der Richtlinie zu finden sein.

 

 

Wie kann gefördert werden?

Die Förderung erfolgt als Zuschuss nach der jeweils gültigen RiLiSE. Der Zuschuss pro Maßnahme an Gebäuden und pro Maßnahme einer Freiflächengestaltung kann jeweils maximal 20.000 Euro betragen. Auf einem Grundstück kann – seit der Neureglung im Jahr 2022 – maximal jeweils eine Förderung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen und eine Förderung zur Verbesserung und Gestaltung von Freiflächen erfolgen. Das heißt, es können maximal zwei Anträge auf Anreizförderung pro Grundstück gestellt werden.


Beträgt die Förderung maximal 25 % der förderfähigen Ausgaben und liegt die maximale Fördersumme bei unter 20.000 Euro, so ist eine Förderung möglich, ohne dass die nachhaltig erzielbaren Erträge der Maßnahme ermittelt werden müssen.


Beträgt die Förderung von Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden jedoch zwischen 25 % und 85 % der förderfähigen Ausgaben, so kann ausschließlich der unrentierliche Teil der förderfähigen Ausgaben gefördert werden. Dieser ist in einer Kostenerstattungsbetragsberechnung (KEBB) zu ermitteln. Der Nachweis der Unrentierlichkeit kann allerdings für vergleichbare Fälle typisierend erbracht werden. In der lokalen Richtlinie kann die Kommune die Förderung definieren.

 

Hinweis:

Für private Maßnahmen, deren Förderbetrag unter 20.000 Euro liegt, beträgt die Zweckbindungsfrist zehn Jahre.

 

 

Förderung der Gestaltung von privaten Freiflächen

Wird die Herstellung und Gestaltung von Freiflächen gemäß Nr. 9.7 der RiLiSE gefördert, kann grundsätzlich auf eine KEBB verzichtet werden. Voraussetzung für die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung und Gestaltung von Freiflächen – unabhängig von der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden – ist, dass die Maßnahme dem öffentlichen Interesse dient. Ein öffentliches Interesse ist aus Gründen der Klimaanpassung insbesondere bei der Herstellung von Dach- und Fassadenbegrünungen sowie bei Bodenentsiegelung für Vegetations- und/ oder Wasserflächen gegeben.


Der Rückbau leerstehender Gewerbeimmobilien kann Teil einer Maßnahme zur Verbesserung und Gestaltung von Freiflächen sein.

 

 

Was ist außerdem zu beachten?

Eine Doppelförderung durch die unzulässige Kumulation mit Fördermitteln aus anderen Förderprogrammen ist auszuschließen. Auf die Unzulässigkeit der Doppelförderung muss in der Richtlinie explizit hingewiesen werden.

 

Die Weitergabe von Fördermitteln muss durch eine schriftliche Fördervereinbarung zwischen Kommune und Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger erfolgen. Bei der Weitergabe und dem Einsatz von Fördermitteln sind insbesondere Nr. 4 und Nr. 7 der RiLiSE zu berücksichtigen. Die Festlegungen von weiteren Bedingungen für die Weitergabe liegen in der Hand der Kommunen. Zwingend notwendig ist der Ausschluss der Umlage der Ausgaben auf die Mieterinnen und Mieter sowie Pächterinnen und Pächter sowie die Verpflichtung zur Einhaltung des jeweils geltenden Vergaberechts.


Damit das Antrags- und Entscheidungsverfahren für interessierte Antragstellerinnen und Antragsteller nachvollziehbar und transparent ist, ist es wichtig, dieses in der lokalen Richtlinie zu erläutern. Es ist sinnvoll, bereits in der Richtlinie auf die Besonderheiten in der Verwendung von Fördermitteln hinzuweisen. Die in Richtlinie getroffenen Regelungen müssen geeignet sein, die Abrechnung und den Abschluss der Gesamtmaßnahme gemäß Abschnitt IV der RiLiSE vorzunehmen.

 

Tipp:

Die Förderlandschaft ist für Bürgerinnen und Bürger oftmals ein undurchsichtiges Feld, wählen Sie daher bitte verständliche Formulierungen und benennen Sie eine Ansprechperson für mögliche Rückfragen.

 

 

NEU: Anreizförderung im Programm Sozialer Zusammenhalt

Seit Mitte 2021 können Anreizprogramme nicht nur in den Programmen Lebendige Zentren und Wachstum und Nachhaltige Erneuerung, sondern auch in den Fördergebieten des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ aufgelegt werden. Die Anreizförderung darf generell jedoch nicht gewährt werden für:


  • sogenannte Problemimmobilien – Diese Immobilien sind durch bauliche Verwahrlosung meist im Verbund mit Leerstand oder durch starke Überbelegung gekennzeichnet –
  • Wohngebieten, die mit Einfamilienhäusern bebaut sind – diese Gebiete erfüllen nicht die Voraussetzungen nach § 171 e BauGB – und für
  • Großsiedlungen, deren Wohngebäude sich im Besitz von Wohnungsbaugesellschaften bzw. privaten Investoren befinden.

 

Diese Kategorien sind häufig in den Fördergebieten des Programms Sozialer Zusammenhalt anzutreffen.

 

6. Interne Abstimmung

Die interne Abstimmung der Förderrichtlinie ist zentraler und enorm wichtiger Schritt. Nach Erstellung des Entwurfs empfiehlt es sich zunächst die kommunalen Fachämter und Gremien einzubinden. Hier können die Belange und Anregungen der betroffenen Fachämter (z.B. Denkmalschutz, Grünflächenamt usw.) berücksichtigt und abgewogen werden. Zusätzlich ist die Einbindung der Rechtsabteilung in den Erstellungs- und Abstimmungsprozess unabdingbar. Eine frühzeitige Abstimmung der Richtlinie innerhalb der Lokalen Partnerschaft und mit der Politik ist ebenfalls empfehlenswert.

 

7. Externe Abstimmung

Nach der internen Abstimmung der Richtlinie benötigen Sie noch die Zustimmung des Fördermittelgebers, bevor das Anreizprogramm in Kraft gesetzt werden kann. Die Prüfung des Richtlinienentwurfes liegt im Aufgabenbereich der Hessen Agentur. Sollten bei der Erstellung des Richtlinienentwurfs Fragen aufkommen, können Sie sich jederzeit an die bekannten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern des Zentrums für Nachhaltige Stadtentwicklung in Hessen wenden. Die Hessen Agentur prüft ihren Antrag in Abstimmung mit dem Fördermittelgeber und schließt sich bei Rückfragen mit Ihnen kurz.


Sobald der Entwurf vollendet ist, senden Sie diesen bitte an die Programmadresse Lebendige.Zentren@hessen-agentur.de sowie an das zuständige Ministerium (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum).

 

8. Inkraftsetzung und Dokumentation

Die getroffenen Regelungen bedürfen der Zustimmung durch das zuständige Ministerium. Nach Erhalt der Zustimmung muss die Richtlinie von der Kommune in Kraft gesetzt werden. Dies sollte in der Regel durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung oder der Gemeindevertretung vorgenommen werden. Die Kommune verpflichtet sich zudem, die Verwendung der Fördermittel für die einzelnen Projekte in der jährlichen Zwischenabrechnung nachzuweisen. Die geförderten Einzelmaßnahmen sind in einer Liste unter Angabe von Empfängerinnen und Empfängern, Förderbetrag, Gesamtkosten und Fördergegenstand dazustellen.


Die Fördermittelempfängerinnen und -empfänger sollten bereits in der Richtlinie auf die Verpflichtung des Verwendungsnachweises hingewiesen werden. Dabei ist es ggf. sinnvoll eine zeitliche Befristung für die Einreichungen von Rechnungen und Belegen nach Fertigstellung der Maßnahme in der Richtlinie festzulegen. Auch der Hinweis auf die Zustimmung zur Veröffentlichung sollte nicht fehlen.

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