Landeswettbewerb Sozialer Zusammenhalt 2020 - Innovative Bürgerbeteiligung in der Sozialen Stadt in Hessen

Im Programm Sozialer Zusammenhalt wird Aktivierung und Bürgerbeteiligung von Beginn an großgeschreiben. Bürgerbeteiligung erhöht sowohl Qualität als auch die Akzeptanz der umgesetzten Projekte, fördert die Identifikation mit dem Qaurtier und stärkt den Zusammenhalt, die Integration und das Wir-Gefühl. So gewinnen Menschen neues Vertrauen in die Demokratie und Stadtteilentwicklungsprozesse. Bewohnerinnen und Bewohner der benachteiligten Quartiere werden ermuntert, sich in den Prozess mit einzubringen und sozial zu engagieren.

 

Anlässlich des 20jährigen Jubiläums des Programms wurde ein Wettbewerb in 2020 ins Leben gerufen, der sich an alle Akteure der sozilalen Stadtteilentwicklung wie Kommunen, soziale Träger, Wohnungsunternehmen, Planungsbüros aber auch an Stadtteilvereine, Nachbarschaftsinitiativen oder aktive Engagierte aus Arbeitskreisen und Beiräten richtete. 

 

Es wurden insgesamt 19 Beiträge eingereicht, die alle interessant und nachahmenswert sind. Von den Beiträgen wurden sechs Preisträger ausgezeichnet, die im Dezember 2020 eine Urkunde mit einem Preisgeld des zustädigen Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, Herrn Tarek Al-Wazir, erhalten haben.

 

Die sechs Preisträger_innen des Landeswettbewerbs „Sozialer Zusammenhalt: Innovative Bürgerbeteiligung in der Sozialen Stadt in Hessen“ sind:

 

„Galluspark-Bolzplatz“, Frankfurt am Main Gallus

Das Frankfurter Gallusviertel war von 2001-2012 Fördergebiet der Sozialen Stadt. Für ältere Kinder und für Jugendliche des Stadtteils gab es kaum oder keine ausreichenden Spiel- und Bewegungsflächen. Mit  Unterstützung der Stadt Frankfurt, lokaler Unternehmen, Stiftungen, dem bundesweiten Programm „Integration durch Sport“ und weiteren Partner_innen konnten 2006 zwei nebeneinander liegende Bolzplätze im Rahmen der Sozialen Stadt erstellt  werden. Mit der Haltung „Es ist euer Platz“ aktivierte der Verein bereits zu Beginn die Kinder und Jugendlichen im Quartier, die ihre Ideen für Platznutzung, Aufbau von Teams, „Auswärts-Testspiele" auf Schulhöfen, weitere Gestaltung, Platznamen usw. formulieren konnten, mit Plakaten und Transparenten für Namenvorschläge warben oder zur Begrüßung der Bauarbeiter die ganze Siedlung aktivierten.

 

Auch in der tagtäglichen Arbeit wird die Handlungsfähigkeit und Selbstorganisation der Jugendlichen durch Beteiligung unterstützt. Kinder und Jugendliche bilden ihre Teams, schon 10-12-jährige übernehmen die Betreuung der Jüngeren und arbeiten mit in der Turnier-Organisation. Viele werden zu Übungsleitern am Platz oder engagieren in anderen Fußballvereinen. Auch bei anfallenden Bau- oder Reparaturarbeiten werden die Jugendlichen, aber auch Eltern und Bewohner_innen, immer wieder miteinbezogen. So sind die Bolzplätze inzwischen ein Begegnungsort für die gesamte Siedlung geworden.

Dieses Projekt zeigt somit vorbildlich, wie die frühzeitige, aktivierende Beteiligung bei städtebaulichen Veränderungsprozessen die Identifikation der (zukünftigen) Nutzer_innen im öffentlichen Raum stärkt und zu langfristigem, nachhaltigem Engagement führt. Der von einem tiefgreifenden Strukturwandel herausgeforderte Stadtteil schaffte es mit dem Projekt „Galluspark-Bolzplatz“, unter Federführung des Vereins „Sportkreis Frankfurt e.V.“, ein weit über den Sport hinausgehendes Angebot zu schaffen.

 

Zusammen mit der Urkunde und dem Preisgeld wurde dem Preisträger auch ein Birnbaum zugestellt - Baumpflanzung anlässlich der Preisübergabe (Foto: Sportkreis Frankfurt am Main e.V. 2020)

Leih-Laden, Fulda Ostend/Ziehrs-Süd
Das Fuldaer Quartier Ostend/Ziehers Süd zählt seit 2014 zu den Fördergebieten des Bund-Länder-Programms Sozialer Zusammenhalt (ehemals Soziale Stadt). Im Rahmen des Landesbewohner_innentreffens der Servicestelle HEGISS (jetzt: Zentrum Sozialer Zusammenhalt) im Frühjahr 2019 am Standort Maintal wurden einige Bewohner_innen aus Fulda auf deren Konzept des Leih-Ladens aufmerksam. Die Idee überzeugte und begeisterte derart, dass auch die Bewohner_innen aus Fulda Ostend/Zieher-Süd den Wunsch hatten, einen Leih-Laden im eigenen Quartier in Fulda zu gründen. Dinge des täglichen Bedarfs zu leihen statt zu kaufen, zu teilen statt zu besitzen – eine Share-Community zu schaffen – packte die Engagierten des Quartiers. Sie schafften es, das Quartiersmanagement, die Stadt Fulda sowie die Hochschule Fulda von ihrem Vorhaben zu überzeugen und inzwischen wurde der Leih-Laden in Fulda Ostend/Ziehrs-Süd eröffnet.

Dieses Projekt und das Engagement zeigen, wie fruchtbar Netzwerkarbeit sein kann und wie zielführend selbstorganisiertes Ehrenamt funktioniert. Mit Überzeugung, Begeisterung und einer guten Organisation haben die Bewohner_innen aus Fulda ein Projekt auf die Beine gestellt, welches für eine effiziente Ressourcennutzung sensibilisiert, Menschen mit geringem Einkommen unterstützt und soziale Teilhabe schafft.

Interessengemeinschaft Rotklinkersiedlung, Gießen nördliche Weststadt
Die denkmalgeschützte Gießener Rotklinkersiedlung „Gummiinsel“ besteht aus 72 Reihenhäusern. In den 1930er Jahren als „Notquartier“ vor den Toren der Stadt errichtet, begleitet die Siedlung eine bewegte Geschichte. Heute ist die „Gummiinsel“ Teil des Fördergebietes Gießen nördliche Weststadt und seit 2015 im Programm Sozialer Zusammenhalt (ehemals Soziale Stadt).

Als der Eigentümer den gesamten Wohnungsbestand der Siedlung verkaufen wollte, da die Sanierung zu aufwendig erschien, regte sich 2014 Widerstand. Die betroffenen Mieter_innen gründeten die „Interessengemeinschaft Rotklinkersiedlung“, um formal und organisiert mit der Eigentümerin in den Dialog zu treten. Neben der Verhinderung des Verkaufs des Siedlungsbestands ging es der Interessengemeinschaft auch darum, eine milieusensible Sanierung der Reihenhäuser zu bewirken. Das vehemente Engagement der Bewohner_innen führte zum Erfolg: der Verkauf wurde verhindert und die Sanierung ermöglicht. Durch das Einwerben von Fördergeldern und der Unterstützung des Programms Soziale Stadt war es der Wohnungsbaugesellschaft möglich, die Forderungen der Interessensgemeinschaft umzusetzen. Die engagierte Bewohnerschaft beteiligte sich von Beginn an aktiv an den Planungen einer Sanierung und vermittelte zwischen den Mieter_innen und der Eigentümerin der Siedlung. Sie begleitete die Phase der Sanierung, schaffte immer wieder Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Bauträger und Bewohnerschaft. Bis heute übernimmt sie die Funktion der Ansprechpartnerin für die Bewohner_innen, der Stadt und der Wohnungsbaugesellschaft.

Preisverleihung und Baumpflanzung  in der Rotklinkersiedlung (Foto: Interessengemeinschaft Rotklinkersiedlung 2020)

Stadtteilverein „Südlichter e.V.“, Hanau südliche Innenstadt
Seit 2001 befindet sich die südliche Innenstadt Hanaus im Förderprogramm Soziale Stadt. Von 2006 bis 2014 vertrat eine Bürgerbeteiligungsgruppe die Interessen der Bewohnerschaft im Rahmen der sozialen Stadtteilentwicklung gegenüber politischen und städtischen Gremien und beteiligte sich aktiv an der Planung und Umsetzung von baulichen und sozialen Maßnahmen. Im Oktober 2014 wurde aus der Bürgerbeteiligungsgruppe der Stadtteilverein „Südlichter e.V.“ gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, das nachbarschaftliche Miteinander zu fördern und zu stärken. Der Verein hat einige Projekte des Stadtteilmanagements, wie das monatliche Bewohnerfrühstück, Flohmärkte mit Spendenaktionen und das Nachbarschaftsfest ehrenamtlich übernommen. So trägt der Verein zur Verstetigung der positiven Stadtteilentwicklungsprozesse durch die Soziale Stadt bei. Der Verein betreibt seit 2017 darüber hinaus ehrenamtlich das Stadtteilcafé „Südlicht“, welches sie 2016 mit Unterstützung der Baugesellschaft Hanau initiierten.

Der Stadtteilverein bietet ein Forum für Bewohner_innen des Quartiers, um sich zu treffen, Veranstaltungen zu organisieren und Bedarfe im Quartier zu benennen. Das Quartier verfügt somit durch den Verein über ein „Sprachrohr“ der Quartiersbewohner_innen, z.B. gegenüber der Stadtverwaltung.

Preisübergabe durch Bürgermeister Axel Weiss-Thiel, stellvertretend für Minister Tarek Al-Wazir, an die Mitglieder des Stadtteilvereins "Südlichter e.V." (Foto: Stadt Hanau 2020)

Strickmob „Strickt für die Soziale Stadt", Hattersheim Südring
Hattersheim Südring war von 1999 bis 2013 Fördergebiet der Sozialen Stadt. Als das Ende der Förderung abzusehen war und es galt, die aufgebauten Strukturen zu sichern, zeigten die Bewohner_innen ihren Willen zur Fortführung durch die überwältigende Beteiligung an der Mitmachaktion „Strickmob – Strickt für die Soziale Stadt“. Drei Wochen lang wurde von den Unterstützer_innen des Anliegens, u.a. zahlreichen Bewohner_innen, Mitarbeiter_innen der Tafel, Hawobau, Stadtverwaltung, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung, Schulen, Hausaufgabenhilfen, Vereinen gestrickt und gehäkelt. So ist es gelungen, über einen mehrwöchigen Zeitraum eine immens große Aufmerksamkeit in der städtischen Öffentlichkeit für die Situation der im Fördergebiet lebenden Menschen zu erlangen. Als ganz besonderer Erfolg ist die Präsentation des 360 Meter langen „Schals der Solidarität“ anlässlich der Podiumsdiskussion am 16. März 2014 unter Beteiligung aller im Hessischen Landtag vertretenen Parteien zu werten. Dieses Beteiligungsprojekt hat einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Arbeit des Stadtteilbüros geleistet und letztendlich zur Übernahme des Stadtteilbüros durch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft geführt.

Mitmachaktion "Stickmob - Strickt für die Soziale Stadt" - 360 Meter langer "Schal der Solidarität" (Foto: Stadtteilbüro Hattersheimer Südring)

Bürgerbeteiligung und Kommunikation PLUS, Frankfurt a.M., Neu-Isenburg, Offenbach, Hanau, Kelsterbach
Das Projekt „Bürgerbeteiligung und Kommunikation PLUS“ ist ein entwickeltes Arbeitsprinzip der Nassauischen Heimstädte ProjektStadt und wurde bzw. wird u.a. an den Standorten Frankfurt a.M., Neu-Isenburg, Offenbach, Hanau, Kelsterbach eingesetzt. Das Projekt steht für ein digitales Aufmerksamkeits- und Beteiligungsdesign bzw. eine Umsetzungsstrategie und wird interkommunal in den Projektstandorten des Sozialen Zusammenhals (ehemals Soziale Stadt) eingesetzt. Es geht darum, alle Bewohner_innen, also auch durchsetzungsschwächere, schwer zu erreichende und/oder beteiligungsungewohnte Personen für verschiedene Partizipationsprozesse zu gewinnen. Das Format „Bürgerbeteiligung und Kommunikation PLUS“ steht für ein wirksames und interaktives Design, welches die klassischen Methoden um digitalisierte, unterhaltsame und niedrigschwellige Formate der Aufmerksamkeitsgewinnung erweitert. Beispiele sind:

- Digitales „Crowdmapping“ um eine barrierearme und ergebnisreiche Bestandaufnahme in der Startphase zu ermöglichen. Beim Crowdmapping können die Bewohner_innen auf einer interaktiven Stadtkarte Orte markieren und dazu Beiträge verfassen, in denen sie ihre Ideen, Anmerkungen, Beschwerden oder Fragen eingeben

- Filmische „Awareness-Projekte“, z.B. die Produktion eines Imagefilms durch die Bewohner_innen

 Interaktive Online-Spiele, z.B. ein interaktiver Minecraft-Workshop für Kinder und Jugendliche, in dem sie digital einen  Abenteuerspielplatz entwerfen

- Digitale partizipatorische Kunstprojekte

Da alle Bewerbungen tolle Beispiele für innovative Bürgerbeteiligung beinhalteten, wollen wir Ihnen auch die weiteren 13 Projekte nicht vorenthalten:

Stadtteilforschung, Baunatal, Baunsberg
Wie sehen Kinder ihr Wohngebiet? Wie Jugendliche? Und wie Erwachsene? Wo sind sie gerne und was machen sie dort? Welche Orte haben eine Bedeutung? Diesen und vielen anderen Fragen haben sich die Mitarbeiter_innen des Stadtteilzentrums Baunsberg und des Jugendbildungswerkes gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Wohngebiet Baunsberg durch das Beteiligungsprojekt „Stadtteilforschung“ gewidmet. Für rund 40 Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren wurde das Stadtteilzentrum Baunsberg im Juni 2015 zur Forschungsstation. Kinder aus verschiedenen Schulklassen beteiligten sich an einer Planungswerkstatt. Einzelne Erwachsenengruppen des Stadtteils sowie die Eltern der Grundschulkinder wurden über einen Fragebogen befragt. Außerdem gab es mehrere Gesprächsrunden/Workshops für Erwachsene mit Stadtteilrundgängen. Das Stadtteilforschungsprojekt brachte genauere Informationen über die tatsächliche Nutzung von Orten und das Leben im Wohngebiet zu Tage. Dieses Wissen floss in das Integrierte Handlungskonzept ein, damit Projekte und Maßnahmen an den Interessen der Bewohner_innen ausgerichtet werden konnten.

 

Gallus Garten, Frankfurt a.M., Gallus

Frankfurt Gallus war von 2001-2012 Fördergebiet der Sozialen Stadt. Im Integrierten Handlungskonzept war eine attraktive Umgestaltung von Freiflächen geplant. Dies konnte allerdings erst 2016 in Form des Gallus-Gartens und durch das Engagement der Bewohner_innen umgesetzt werden. Als die Idee aufkam, gründete sich eine Garten-AG aus engagierten Bewohner_innen. Gemeinsam wurden aus alten Paletten Hochbeete gebaut und bepflanzt, ein Wasserkanister aufgestellt, eine „Veranstaltungsplattform" der Naturschule Hessen auf die Fläche verlegt sowie gemeinsam Regeln für den Garten aufgestellt. Durch die Vielzahl der verschiedensten Beteiligten ist der Garten ein Musterbeispiel an Inklusion. Es gärtnern einzelne Personen ebenso wie Pärchen, Freund_innen, Familien und Gruppen verschiedener Einrichtungen. Einige bringen viel Erfahrung im Gärtnern mit, andere gar keine. Unter den Gärtner_innen befinden sich Personen verschiedenster kultureller Hintergründe und Bildungsschichten. Alle Altersgruppen sind vertreten. Durch die gute Lage des Gallus-Gartens zwischen dem "alten Gallus" als ehemaliges Arbeiterviertel und dem neuen hippen Europaviertel werden Brücken gebaut zwischen Menschen verschiedener Wohngebiete und Lebenswelten.

 

Jury zum Stadtteilbudget, Marburg, Waldtal
Um unbürokratisch und unkompliziert Ideen aus der Bewohnerschaft unterstützen zu könnenund Bewohner_innen sowie lokale Initiativen zu aktivieren und die nachbarschaftliche Gemeinschaft zu stärken, hat Marburg 2018 für den Soziale Stadt-Standort Waldtal ein Stadtteilbudget eingerichtet.

Jährlich stehen 3.000 € zur Verfügung. Projektideen können von allen Bewohnerinnen undBewohnern des Soziale Stadt-Fördergebiets angemeldet werden. Im März 2018 wurde während einer Bewohner_innenversammlung eine Jury gewählt, die sich aus Bewohnerinnenund Bewohnern des Stadtteils zusammensetzt und über die jeweiligen Projektanträge entscheidet. Dieses Gremium bildet alle Bewohner_innengruppen des Stadtteils ab und besteht zurzeit aus sieben Personen. Die Jury arbeitet mit einem außerordentlichen Engagement,diskutiert jeden Projektantrag sehr intensiv, holt bei Bedarf weitere Informationen bei den Antragstellenden ein, begleitet die jeweiligen Projektumsetzungen (Patenschaft), wirbt aktiv für neue Antragstellungen, hat Materialien zur Öffentlichkeitsarbeit entwickelt und verwaltet bzw. kümmert sich um den Verleih von Materialien, die über das Budget angeschafft wurden, damit diese auch für weitere Nutzungen zur Verfügung stehen.

Das Instrument Stadtteilbudget stärkt den Zusammenhalt im Quartier und die Bereitschaft,sich uneigennützig zu engagieren. Der intensive Austausch unter den Bewohner_innengruppen fördert zudem das Verständnis untereinander und füreinander.

 

Mitmachgarten, Neu-Isenburg, Stadtquartier West

Von 2006 bis 2016 war das Quartier Neu-Isenburg Stadtquartier West Fördergebiet der Sozialen Stadt. Gegen Ende der Förderung wurde ein Mitmachgarten durch die Stadt installiert. Dieser wird inzwischen, auch nach Ende der Förderung, durch ein ehrenamtliches Team kontinuierlich weitergeführt und belebt. Im Mittmachgarten wird gemeinsam gegärtnert und geerntet. Durch den Mitmachgarten wurde den Bewohner_innen eine inklusive und soziale Beteiligungsmöglichkeit geschaffen. Menschen unterschiedlicher Kulturen können den Mitmachgarten zum Kennenlernen, zur gemeinsamen Gartenarbeit und zum Austausch nutzen. Es wachsen nicht nur Pflanzen, sondern auch die Gemeinschaft und ein neues Wir-Gefühl entsteht. Der Mitmachgarten ist ein soziales Nachbarschaftsprojekt und ein Ort für gemeinsames, nachhaltiges und zukunftsweisendes inklusives Handeln.

 

Kooperative Quartiersentwicklung Hauptbahnhof, Offenbach, südliche Innenstadt
Seit 2013 ist das Quartier Offenbach südliche Innenstadt Fördergebiet der Sozialen Stadt. Der Offenbacher Hauptbahnhof liegt zentral im Programmgebiet südliche Innenstadt/Senefelderquartier. Das Bahnhofsgebäude steht seit vielen Jahren leer und strahlt damit sehr negativ auf sein Umfeld aus. 2017 gründeten engagierte Bürgerinnen und Bürger aus dem Quartier eine Initiative zur Wiederbelebung des Hauptbahnhofs. Die Initiative Hauptbahnhof sammelt seit 2017, sehr aktiv Ideen für das historische Gebäude. Dabei versucht sie ihre Veranstaltungen niedrigschwellig zu gestalten, sodass sich alle Interessierten einbringen können. So gab es mehrere Workshops, einen Infostand auf dem Mainuferfest und anderen Straßenfesten, ein regelmäßiges Erzählcafé, Kulturveranstaltungen, wie z.B. einen Beitrag zur Luminale 2018, gemeinsame Aktionen vor Ort, wie z.B. die Säuberung des ehemaligen Biergartens und viele andere Veranstaltungen mehr.

Beteiligung zeigt sich in diesem Projekt gleich auf zwei Ebenen: Zum einen die Eigeninitiative aus dem Quartier, gemeinsam Ideen für die Nutzung des Hauptbahnhofs zu entwickeln und sich aktiv in diesem Prozess einzubringen. Zum anderen in der Bereitschaft der Stadt Offenbach, die Initiative kooperativ in den Prozess einzubinden.

 

„Uff de Gass“, Offenbach, Nordend/östliche Innenstadt
Schwerpunkt des Förderprogramms Soziale Stadt (jetzt: Sozialer Zusammenhalt) ist u.a. die Aktvierung und die Beteiligung der Bewohnerschaft. Die gelingt dem Quartiersmanagement in Offenbach mit dem Beteiligungsprojekt „Uff de Gass“. Instrument des Projektes „Uff de Gass“ ist ein Dreirad mit Hänger. Damit wird zum einen aufsuchend im Wohnumfeld gearbeitet. Mit dem Dreirad können die verschiedenen Ecken des Quartiers angefahren werden. So ist das Quartiersmanagement direkt vor Ort aktiv, sichtbar und ansprechbar. Dadurch fühlen sich überforderte Nachbarschaften unterstützt im täglichen Leben und im Umgang mit ungewohnten Situationen. Gleichzeitig kann der Anhänger, ausgestattet mit Bierzeltgarnituren, Pavillons, Musikanlage, Gasgrill, Besteck und Geschirr, von Bewohner_innen oder Initiativen im Quartier gegen kleines Geld beim Quartiersmanagement ausgeliehen werden. So wird es der Bewohnerschaft und Initiativen aus dem Quartier ermöglicht, selber aktiv kleine Feste und Aktionen zu organisieren.

Dem Projekt „Uff de Gass“ gelingt damit eine wirksame Mischung aus aufsuchender Arbeit und Unterstützung von Eigeninitiative.

 

Stadtteilverein „Dicker Busch e.V.“, Rüsselsheim Dicker Busch
Der Dicke Busch in Rüsselsheim war von 1999 bis 2009 Fördergebiet der Soziale Stadt. Der Stadtteilverein „Dicker Busch e.V.“ hat sich aus dem ehemaligen Stadtteilbeirat, Mitarbeiter_innen des ehemaligen Quartiersmanagements, diverser Kooperationspartner und interessierter Bewohner_innen gegründet. Nach Auslaufen der Förderung setzt er im Rahmen seiner Möglichkeiten die Arbeit, die während der Förderung hauptamtlich aufgebaut wurde, ehrenamtlich fort, z.B. durch die weitere Öffnung eines Stadtteilbüros (3x wöchentlich) oder die Organisation von regelmäßigen Gemälde- und Fotoausstellungen von Künstler_innen mit Bezug zum Stadtteil, Lesungen Gruppenabenden und Stadtteilfesten.

 

Trägernetzwerk „Nachhaltigkeit Soziale Stadt“, Spangenberg, Kernstadt
Spangenberg Kernstadt war von 2002 bis 2017 Fördergebiet in der Sozialen Stadt. Der Verein „Spangensteine e.V.“ koordiniert ein Netzwerk aus verschiedenen Trägern und Akteuren, das seit dem Auslaufen der Förderung durch bürgerschaftliches Engagement weiterhin als Motor der sozialen Stadtentwicklung Spangenbergs fungiert und sich seit 2015 insbesondere für die Integration der Geflüchteten einsetzt.

 

Heinz-Lang-Park, Stadtallendorf, Inseln in der Stadt I
Während der Förderung durch die Soziale Stadt von 2000 bis 2013, sollte der Heinz-Lang-Park zu einem zentralen Begegnungsort der Stadt umgestaltet werden. Damit der Park in dieser wichtigen Funktion angenommen wird, war eine vielfältige, niedrigschwellige und auf die unterschiedlichen zukünftigen Nutzer_innengruppen zugeschnittene Beteiligung vorab von besonderer Wichtigkeit. So wurden neue Beteiligungsformate entwickelt und altersgruppenspezifische Beteiligungsverfahren gebündelt.

Bei einem „Planungsfest“ wurden die bisherigen Planungsideen vorgestellt und diskutiert, Meinungen wurden ausgetauscht, Fragen gestellt, Ideen und Anregungen gesammelt. Planer_innen und Mitarbeiter:innen der Verwaltung wahren den ganzen Tag vor Ort. Durch die Aktion „Planen durch Malen - Kinder gestalten ihren Spielplatz“ konnten Kinder der angrenzenden Schulen in die Planung des Parks einbezogen werden. Die Mädchen und Jungen erhielten ein DIN A2-Zeichenblatt und wurden aufgefordert, ihre Ideen für den Spielplatz zu malen. Auf Grundlage von 52 phantasievollen, aufschlussreichen und wunderschönen Bildern wurde die funktionale Ausschreibung an Spielgerätehersteller vergeben, einen Spielplatz so nah wie möglich an den Wünschen der Kinder zu gestalten. Die Umsetzung ist gelungen und der Spielplatz ist bis heute das Highlight im Park.

 

Das wandernde Café, Stadtallendorf, Inseln in der Stadt II
Im Rahmen der Erstellung des Integrierten Handlungskonzeptes für das Quartier „Inseln in der Stadt II“ in Stadtallendorf war es, aufgrund der Verinselung der Stadt mit heterogenen Bevölkerungsgruppen wichtig, die Beteiligung aufsuchend zu gestalten. Dazu wurde das wandernde Café initiiert. Mit einem Kleinbus - beladen mit Biertischgarnituren, Sonnenschirmen, Spielzeug, Geschirr, Kaffee und Kuchen - wurde zu den Menschen ins Quartier gefahren. Jede Woche wurde so an einem anderen Ort, z.B. zwischen den Wohnblocks, auf Spielplätzen, gesperrten Straßen, Parkplätzen oder Grünanlagen, eine einladende Begegnungsstätte zum Kaffee trinken und Kuchen essen, zum beieinandersitzen, zum miteinander reden und einander zuhören, geschaffen. Hier wird kein Thema vorgegeben - was den Menschen wichtig ist, kommt von selbst auf den Tisch: Wo sind die Probleme im Quartier? Welche Ideen haben die Bewohner_innen? So kann das Quartiersmanagement die Belange der Bewohnerschaft erfassen und auch für die Bewohner_ innen untereinander ist ein Begegnungsanlass geschaffen worden.

 

Pilotprojekt Fußgängerzone Wellritzstraße, Wiesbaden, Inneres Westend

Bürgerbeteiligung durch ein Pilotprojekt mit einjähriger Testphase – dafür steht das Beteiligungsprojekt „Fußgängerzone Wellritzstraße“ im Fördergebiet Wiesbaden Inneres Westend. Im Integrierten Handlungskonzept für das Quartier wurde die Entwicklung von Grün- und Freiflächen als Ziel definiert. Mit dem Pilotprojekt Fußgängerzone Wellritzstraße soll ein Beitrag zur Verwirklichung dieses Umsetzungsziels geleistet werden. Besonders die Wellritzstraße gilt als lebendige Geschäfts- und Wohnstraße mit einer hohen Bedeutung über das Quartier hinaus. Im April 2019 wurde die Sperrung für den Straßenverkehr vollzogen und es begann eine einjährige Testphase. Die Umwandlung des Straßenabschnitts in eine Fußgängerzone hatte sofort spürbare Auswirkungen und wird im Quartier und darüber hinaus als überwiegend positiv bewertet. Die Lokale nutzten die Straßenfläche teilweise als Außengastronomie, Kinder nutzen die Straße als neue Spielfläche und auch kulturelle Veranstaltungen finden in der neuen Fußgängerzone statt.

Die Bürgerbeteiligung ist so ausgerichtet, dass über das Pilotprojekt nicht nur ausführlich und regelmäßig informiert wird, sondern dass die Testphase von Anfang an moderierend durch eine Ansprechpartnerin vor Ort begleitet wird. So ist eine Wahrnehmung aus Sicht der Betroffenen gewährleistet und auf auftretende Probleme kann schnell reagiert werden. Der Moderatorin steht ein türkischstämmiger Anwohner und Brückenbauer zur Seite.

 

Parkour und Calisthenics, Wetzlar, Silhöfer Aue/Westend
Zu den Handlungsfeldern der Sozialen Stadt in Wetzlar Silhöfer Aue/Westend gehörte es u.a., die ehemaligen Kasernenanlagen einer neuen Nutzung zuzuführen. In der leerstehenden Kaserne kam es immer wieder zu Sachbeschädigungen und Vandalismus. Es gab keine Freizeitfläche für Jugendliche und junge Erwachsene im Quartier. Durch das Projekt „Parkour und Calisthenics“ sollte eine Freizeitfläche und ein attraktives Freizeitangebot für diese Zielgruppe geschaffen werden und die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an der Planung und Verwirklichung des Projektes von Beginn an beteiligt werden.  Es wurden vier Aktionswochenenden angesetzt. Beim ersten Wochenende wurden gemeinsam Parkourobjekte aus Recyclingdepots (Betonteile) ausgewählt. Am zweiten Wochenende wurden die Teile durch eine Tiefbaufirma nach den Vorschlägen der Jugendlichen eingebaut und die Bewegungsfläche asphaltiert. Am dritten Wochenende übernahmen die Jugendlichen mit dem Verein „FunTastic Sports Wetzlar e. V.“ die farbliche Gestaltung der Elemente und setzten das Schild mit der gemeinsam formulierten Nutzerordnung ein. Die Einweihungsfeier, welche junge Besucher_innen aus Wetzlar und von außerhalb anzog, fand am vierten Wochenende statt. Es konnte so ein attraktives Freizeitangebot für junge Sportbegeisterte geschaffen werden, welches kostenlos öffentlich zugänglich ist und welches, außerhalb von Vereinen und Angeboten, selbstbestimmt von Familien, Jugendlichen und Erwachsenen genutzt werden kann.

 

Mach Deinen Bügel, Frankfurt a.M., Ben-Gurion-Ring

Umgangssprachlich wird der Begriff „Bügel“ nach dem historischen Flurnamen für das Quartier am Ben-Gurion-Ring in Frankfurt am Main verwandt. Deshalb lautete der Projekttitel für den Beteiligungsprozess zur Erstellung des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes im Rahmen der Sozialen Stadt „Mach Deinen Bügel“. Der Prozess wurde von März bis Oktober 2017 durchgeführt. In aufeinander aufbauenden Veranstaltungen, Werkstätten und Freiluftaktionen hatten die Bewohner_innen die Möglichkeit die Inhalte des Integrierten Handlungskonzeptes mit zu entwickeln. Auch online auf einer Projekt-Website (www.dein-buegel.de) gab es die Möglichkeit Änderungswünsche zu formulieren. Der Prozess gliederte sich wie folgt: Auftaktfest im März, Sammelphase mit digitaler und analoger Beteiligung, zwei Tage aufsuchende Arbeit „On Tour“ mit Beteiligungsmobil, ein Workshop „5 Nachbarschaften“ zur Entwicklung von Zukunftsaufgaben, ein „Basar der Ideen“, ein Jugendfestival mit N-Joy, ein weiterer Workshop unter dem Titel „10 Themen“ und eine abschließende Ergebnisausstellung. Durch die verschiedenen Methoden gelang es, diverse Zielgruppen im Quartier zu beteiligen. Insgesamt hat der Prozess zu einer Aufbruchsstimmung geführt und somit auch die Selbstorganisation der Bewohner_innen aktiviert. Die Identifikation mit dem Ort sowie das „Wir-Gefühl“, das Gefühl der Zusammengehörigkeit innerhalb der Bewohnerschaft, wurden gestärkt.

 

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